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maatenpfeife

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Bootsmannsmaatenpfeife


Die Bootsmannsmaatenpfeife und ihre Geschichte


Der Gebrauch der Bootsmannspfeife


Die Pfeife soll zwischen Daumen und Zeigefinger so gehalten werden, dass der kugelförmige Teil sich auf die Handfläche stützt. Die übrigen Finger werden um das Luftloch geschlossen, um die austretende Luft abzudrosseln. Es ist darauf zu achten, dass das Loch dabei nicht zugehalten wird, sonst kommt kein richtiger Ton zustande.

Es gibt zwei Haupt-Tonlagen: Hoch und tief. Diese werden variiert, indem man die Stärke des Luftstromes und die Handhaltung ändert. Bei der offenen Handhaltung wird die Pfeife mit Daumen und Zeigefinger gehalten und die übrigen Finger gespreizt, ohne den Luftstrom abzudrosseln. Es wird kräftig hineingeblasen.

Für die Tonänderung bildet man mit diesen Fingern eine Kuppel über dem Luftloch, jedoch ohne es zu berühren. Der Ton ist umso höher, je kleiner der Raum über dem Luftloch ist, bzw. je stärker hineingeblasen wird. Weitere Tonvarianten werden erzeugt, indem man die stark austretende Luft mit den Fingern "abkneift".
Der Triller wird durch Vibrieren mit der Zunge wie beim Buchstaben "RRRR" hervorgerufen.

Die bekannteste Anwendung der Bootsmannspfeifen ist "Seite pfeifen", das Zeichen des Respekts. Es geschieht, wenn hohe Marine-Offiziere oder wichtige Gäste an Bord kommen oder aber das Schiff verlassen. Im Hafen oder anderen Landstützpunkten wird sonst nie gepfiffen.

* * *

In der Kaiserlichen Marine hieß sie noch Bootsmannspfeife, aber schon vor der Jahrhundertwende wurde sie fast nur noch von Maaten und Obermaaten gebraucht. Portepeeunteroffiziere benutzten wie Deckoffiziere die Batteriepfeife, eine einfache Trillerpfeife, die bis dahin nur den Offizieren vorbehalten war.

Die Bootsmannsmaatenpfeife geht angeblich auf einen antiken Calamus (Schilfrohr) zurück, der mit einer kleinen Fruchtschale verbunden war. Aber auch im 13. Jahrhundert wird auf europäischen Schiffen vom Calamus gesprochen. Um 1670 soll eine solche Pfeife in Gold dem "Lord High Admiral of the Navy" in Britannien verliehen worden sein. Derartige Stücke sind aus Silber ebenso überliefert wie aus anderen Metallen. Offiziere ließen sich auf das senkrechte Stück den Namen oder eine Widmung eingravieren. Die Handhabung der Pfeife ist eine besondere Kunst. Früher mußte der Besitzer sich eine neue Pfeife erst zurechtklopfen und feilen, um einen möglichst klaren und durchdringenden Ton herauszubringen. Sodann faßt man die Pfeife mit dem Daumen an der waagerechten Platte und greift mit dem Zeigefinger über das Rohr, um die Pfeife festzuhalten. Mit den übrigen drei Fingern kann man nun den Luftstrom abkneifen, um einen hohen Ton zu erzeugen, oder die Finger öffnen, um einen tieferen Ton zu erzielen. Durch Bewegen des Gaumenzäpfchens erreicht man einen leicht trillernden Ton. Die auf der Bootsmannsmaatenpfeife erzeugten Töne haben den großen Vorteil, daß sie auch hei schlechtem Wetter überall durchdringen. Beim Ertönen der Bootsmannsmaatenpfeife hat im Deck sofort Ruhe zu herrschen. Die Ausrede, die Pfeife nicht gehört zu haben, ist unzulässig. Da es der Stolz jedes Maaten ist, die Bootsmannsmaatenpfeife richtig zu beherrschen, fallen Schulschiffe in aller Welt dadurch auf, daß sich abends um die Zeit der Abendronde in Hafenschuppen und Ecken überall ein Maatenschüler oder Offizieranwärter in der Kunst der Bootsmannsmaatenpfeife übt. Neben den hohen und tiefen Tönen und dem Trillern müssen natürlich die verschiedenen Signale beherrscht werden. Sie sind auf dem beiliegenden Blatt nach dem alten Dienst an Bord wiedergegeben. Dabei entspricht der unterste (tiefste) Ton einer offenen Handhaltung. Ihm folgt die halbgeschlossene Hand und darauf die geschlossene, und der höchste und durchdringendste Ton wird mit der abgekniffenen Hand erreicht. Da der ältere Obergefreite z. B. als Fallreepsgefreiter bereits mit der Bootsrnannsmaatenpfeife umgehen können mußte, um Seite zu pfeifen oder einen Befehl auszusingen, ist ein mißglückter Pfiff für einen Unteroffizier höchst blamabel. Meist wird er durch den Ruf quittiert "Der letzte Wagen bleibt stehen !", um an einen Eisenbahnbeamten zu erinnern.

Die Bootsmannsmaatenpfeife ist mit fast gleichen Signalen heute wohl bei allen Marinen auf der Welt gebräuchlich. Besonders auf Segelschiffen hat sie sich zu allen Zeiten bewährt. Die Arbeitspfiffe sind hier beim rhythmischen Anziehen oder Losgeben von Leinen geradezu unerläßlich. Dabei ist zur Erklärung darauf hinzuweisen, daß auch die Ehrenbezeigung durch Seite-Pfeifen ursprünglich ein Arbeitsvorgang war. Mannschaft enterte an einem herabgelassenen Tau, einem Fallreep noch im 18. Jahrhundert an Bord. Für Offiziere wurde an diesem über einen Block laufenden Reep" ein Korb oder Stuhl befestigt, in den sie einstiegen und darin durch die Fallreepsgasten nach dem Ton der Bootsmannsmaatenpfeife gleichmäßig vorgeheißt wurden.

Als das am schwersten zu pfeifende Signal gilt das letzte "Alle Mann Schnaps empfangen"; es ist identisch mit "Besan Schot an !" Es war dies auf den alten Rahsegelschiffen meist bei Segelmanövern die letzte, am wenigsten anstrengende Arbeit, nämlich das Anholen der Besanschot und Belegen. Da dies auf dem Achterdeck geschah, konnte der Kapitän bei Zufriedenheit mit dem Manöver die Männer mit einem Schnaps belohnen. Daß dazu alle auf das Achterdeck kamen, war selbstverständlich. Die gewohnten Befehle werden nach fast vorgeschriebenen Melodien ausgesungen und von erfahrenen Unteroffizieren mit Zusätzen versehen. Diese Zusätze müssen in der Melodie dem Haupttext entsprechen. Leider sind sie wie hier meist nur bruchstückweise aufgezeichnet.

Den Seemann begleiten sie den ganzen Tag, vom ersten Locken fünf Minuten vor dem Wecken angefangen bis in die späten Abendstunden zum "Licht aus! Ruhe im Schiff". Folgte auf das Locken noch das relativ gemütliche . "Diiie Backschafter sich klarmachen!", war das Wecken schon weniger gemütlich. "Reise! Reise! Rut ut dem Schietkorb, Lüft an! Lüft an das Gatchen! Reise, Reise! Iiiiberall zurrt Hängematten! Antreten an Oherdeck zur Hängemattsmusterung!" Nur Sonntags konnte es etwas gemütlicher sein. Dann folgte eine ganz alte Segelanweisung: "Zum Locken , Backbord voraus Laboe in Sicht, Hein Seemann Lüft dein A.. -gewicht". Nach dem "Reise, Reise, Aufstehen!", "Der Bäcker von Laboe ist da" (Gemeint ist der weiße Leuchtturm!), "Die Waschfrau zeigt von achtern klar!" (Das Leuchtfeuer Bülk zeigt klar zum Einschwenken nach Steuerbord), "Auf Soldaten reckt die Leiber!" (Die Seesoldaten müssen sich klarmelden zum Postenstehen), "Die Pier steht voller wilder Weiber!" (Die Duckdalben sind zu erkennen), "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, ist einer, der die Waschfrau kennt,..!" (Die Waschfrau kam mit dem Boot entgegengerudert, um die Wäsche der Soldaten möglichst früh einzusammeln. sie wurde meist stürmisch begrüßt), "Reise, Reise! Aufstehen ... !"

Solche und ähnliche oft recht originelle Nebensprüche gab es, wo es sich machen ließ, wohl zu jedem Befehl. Bis zum abendlichen "Liiicht aus! Rruhe im Schiff !". Es folgte in verschiedenen Varianten:  "Geiiister und Klabautermänner auf Stationen, Leute mit abstehenden Ohren auf die Back zum Segeln !" usw., was dem Bootsmaaten der Wache an Unfug, der wohl geduldet wurde, gerade einfiel. Diese humorvollen Einlagen hatten bei der ständigen Anspannung des Dienstes, der Tag und Nacht gemacht werden mußte, durchaus ihren belebenden Sinn. Heute würden wir sagen, der Streß und das Einerlei ließen sich leichter ertragen.

Zu der Bootsmannsmaatenpfeife gehört außerdem das Pfeifenhändsel. Dieses knüpfte sich jeder Bootsmaat, der etwas auf sich hielt, aus einer Aneinanderreihung von Zierknoten meist aus Segelgarn selber.





Tonsignale mit der Bootsmannsmaatenpfeife



Die Tonelemente werden wie folgt dargestellt:

- ein klarer ununterbrochener Ton:
durch eine volle Linie




- eine Reihe von Tönen gleicher Tonhöhe:
durch Unterbrechungen der Linie




- Triller:
durch eine punktierte Linie




- ein kräftiger Luftstoß:
durch einen vollen Pfeil




- ein schwächerer Luftstoß:
durch einen halben Pfeil




- ein Fallen des Tones durch vermindertes Hineinblasen:
durch einen rechts geschlossenen Winkel unter den Tonbild




- ein Absenken des Tones und volles erreichen des vorherigen Tones:
durch einen Winkel der wieder auf der gleichen Höhe ankommt




- die Zeitdauer ( in Sekunden ) der Signaltöne beziehungsweise Signalabschnitte und der Pausen:
durch Zahlen die die Zeit in Sekunden repräsentieren




- die Pausen zwischen den Abschnitten eines Signals:
durch senkrechte Linien




die Pausendauer wird durch Zahlen über dem Strich angezeigt



Signalformen



Das Locken :

Wird genau fünf Minuten vor der befohlenen Weckzeit gegeben und kann
durch einen Lockspruch am Ende des Lockens ergänzt werden.
z.B.: Seemann mach´ die Socken klar, in 5 Minuten sind wir da !




Die drei Punkte bedeuten eine Wiederholung des Signals je nach Erfordernis.

Das Wecken :

z.B.: Reise, Reise aufsteh´n, klarmachen zum Backen und Banken, Schiff durchlüften !



Achtung:

z.B.: Wenn der Kapitän das Schiff betritt.



Rührt Euch :

z.B.: Hiermit wird Achtung wieder aufgehoben.